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Die Mären des Großkoalitionären

Bumčak. Velika koalicija!

Wer sehnt sich denn nicht nach den guten alten Zeiten! Draußen in den landeshauptmännischen Büros – oh, da sehnt man sich sehr danach. Bumčak. Velika koalicija! Da to smimo još jednoč doživiti!

Der Landeshauptmann aus Koroška, Karantanien, Peter Kaiser (SPÖ), findet, man könnte sich auch im Bund wieder auf eine große Koalition einlassen. So wie er es in Kärnten gemacht hat. Die große Koalition der Großparteien. Dass er rot-schwarz meint, diese aber nicht unbedingt die beiden größten Parteien nach der Wahl sein müssten, sei dahingestellt. Alles egal, die Nostalgie ist groß. Auch in der Steiermark schallt es um den Grazer Uhrturm — groß, größer, am größesten soll sie sein die Koalition. Holt die Polaroid-Kameras raus, den Sekt, der noch seit Faymann, Spindelegger und Gusenbauer kalt gestellt – ist ja. Wo ist er hin der Sekt? Und wohin sind die Gusis und Sepp Prölls entschwunden? 

Bumčak. Große Koalition.

Ich erinnere mich an die Anfänge meiner Studienzeit, als die Bundespolitik so langweilig war, dass ich mir nicht vorstellen konnte, journalistisch über die österreichische Politik zu schreiben. Dorthin wollen Kaiser und Drexler zurück? Oh, was für Zeiten das waren. Einige Politiker damals waren nur so lange Minister, weil sie wussten, wie sie dem Koalitionspartner am besten ein Haxl stellen konnten. Zu glauben, dass eine schwärzlich rote Koalition oder eine gerötet Schwarze, wie sie in den Geschichtsbüchern steht, Österreich inmitten der Klimakrise voranbringen könnte, erscheint mir zynisch.

Um die minderheitenpolitischen Errungenschaften der großen Koalition hervorzuheben. Die Einklagbarkeit von Teilen des Artikel 7 des Staatsvertrags wurde durch die großkoalitionäre Novelle des Volksgruppengesetzes 2011 verunmöglicht – etwa zählen demnach nur Ortstafeln und Wegweiser als Aufschriften topografischer Natur. Ämter zweisprachig beschriften? Wehe, dir! Ein weiteres Überbleibsel aus der Ära der Visionäre in der großen Koalition sind die Volksgruppenbeiräte – intransparente, reformresistente Gremien als Ergebnis des rot-schwarzen Handshakes. Große Koalition, komm zurück! Wir brauchen dich.

Die großkoalitionären Träumereien könnten platzen, wenn man sich den Opernball angesehen hat. Donnerstagabend beim Opernball durften jene Figuren vor den Augenpaaren Österreichs prahlen, die sich die 385 Euro Eintrittskarte leisten können plus vielleicht noch einen Logenplatz um ein paar Tausender drauf. Irgendwo hab ich gelesen, dass der Opernball als beste Dauerwerbesendung fürs Einführen einer Millionärs- und Erbschaftssteuer gesehen werden kann. Und da wären wir wiederum bei diesen Feinheiten, die eine große Koalition unwahrscheinlich machen. Kampfansagen der Sozialdemokratie ans Großkapital, aber die Kurzes, die Hotelerben, die Mateschitzs bleiben unberührt? Wozu habt ihr dann den Babler an die Spitze eurer unter Anführungszeichen Bewegung gehoben? Aja, um den Signa-Großgenossen Gusenbauer zu schonen.


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