Film: O tajnom jeziku Jenišev. Auf der Suche nach der jenischen Sprache.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich über dieses Thema schreiben darf, denn eigentlich wollen Jenische nicht, dass wir über sie Bescheid wissen. Nicht wir Bauern, nicht wir Sesshaften, wir Ruächi. Wir, die nicht auf der Reise sind. Mit dieser Problemstellung beginnt der Film über die jenische Minderheit.

Wo genau diese Minderheit herkommt, die in der Schweiz, in Österreich, in Deutschland, in Frankreich, in Luxemburg lebt, ist nicht geklärt. Dass sie irgendwie mit Roma & Sinti oder Juden verwandt sind, bleibt eine Theorie. Dass sie sich eine ähnliche Geschichte und sogar eine ähnliche Gegenwart teilen, das ist wahr.

Der Kinosaal im Wiener Metro-Kino ist vollgepackt, obwohl der Film schon um 18:00 Uhr abends begonnen hat. Es ist keine große Überraschung, dass für “Ruäch” das Format eines Roadmovies gewählt wurde. Aber dennoch erzählt er so viel über ein Leben, das wir uns kaum vorstellen können. Ist es gelungen, diese größte Freiheit mit der Kamera einzufangen? Die größte Freiheit ist, nur zwei Stunden am Tag zu arbeiten, und die restliche Zeit in der Sonne zu genießen – behauptet ein Protagonist. Fische mit den Händen fangen. Die größte Freiheit ist in einem Wagen verstaut, mit dem man von einem Ort zum nächsten fährt. Aber Romantisierung ist nicht alles in dieser Geschichte.

Geheimniskrämerei aus Vorsicht

Als Jenischer deklariert zu werden, konnte schlimme Folgen haben. Beginnend mit Kindesabnahmen, endend mit heimlicher Sterilisation durch Ärzte. Dass Jenische dem Staat gegenüber misstrauisch sind, ist logisch. Und wenn man dann wegen schwerer Krankheit ins Krankenhaus muss, was heißt das für Angehörige?

Sprachlich habe ich nicht viel aus dem Film mitnehmen können. Ich denke, das ist aus Respekt der schweizerischen MacherAndreas Müller, Simon Guy Fässler, Marcel Bächtiger gegenüber den Sprecher:innen der Sprache. Wir hören nur ein paar Dinge.

Funki – das ist Feuer.
Sprussi – das ist Holz.

Viel mehr habe ich nicht aufgeschnappt. In einem NG-History-Podcast hat unser Kollege Ralf Grabuschnig, der verschiedene jenische Veranstaltungen besucht hat, erklärt, dass zum Beispiel Kaffee “Bräunling” genannt wird. In einer Ö1-Sendung war zu hören, dass telefonieren “weitschmusen” ist.

Die Protagonisten von Ruäch sind zum Teil starke weibliche Charaktere. Eine ältere Frau in der Schweiz in Graubünden (wo auch Rätoromanisch gesprochen wird, zum Beispiel), eine Frau in Frankreich südlich von Genf mit ihrer Familie, die sich mit Versprechungen der Behörden abfinden muss. Einen Mann, der immer wieder im Film mit seinen Kinder auftaucht, die immer nahe am Wald sind – wo genau, ist eigentlich nicht wichtig. Vielleicht ein Kärntner Wald? Die Straße ist nie weit. Und eine Gruppe von Franzosen, von denen einer gerade sein Auto losgeworden musste.

Am Ende des Films wirst du dich fragen, wo du Messer schärfen kannst; du wirst wissen, wofür ein Igel in der jenischen Tradition steht, und dich fragen, was wir alles durch das moderne Leben verloren haben.

In der Schweiz wurde die jenischen Minderheit anerkannt, in Deutschland ist die Anerkennung nicht durchgegangen. Die österreichische Bundesregierung will den Volksgruppenstatus der Jenischen prüfen. Und irgendwie – wie es auch bei anderen Gruppen war, die in der Geschichte unterdrückt wurden – wird es nicht jede:r Angehörigen gefallen, wenn sie anerkannt werden. Auch das bringt einem der Film bei. Tschüssikovsky.

Noch zu sehen im Metro-Kino in Wien am 22. März und Sonntag, 24. März. Dann geht es weiter ins Top-Kino nächste Woche.