Savjet: Tri kurije i njevi kuriri. Der Volksgruppenbeirat und seine Kurien.

Eine NG-Serie zur Bestellung des Volksgruppenbeirates und seiner Reform.

Bis zur heurigen Bestellung der VG-Beirät:innen wird sich – was das Nominierungs- und Bestellungsverfahren anbelangt – nichts ändern. Im ersten Artikel der Serie hat NG über Reformaussichten in der Volksgruppenvertretung geschrieben. Der nachstehende Artikel erklärt, wie der Nominierungsprozess bis jetzt gelaufen ist und wie es politischen Parteien gelungen ist, durch eine Hintertür die Hälfte des Gremiums in Beschlag zu nehmen.

Fleißige NOVI GLAS-Leser:innen wissen, dass der Volksgruppenbeirat für die kroatische Volksgruppe in drei Kurien unterteilt wird: eine Vereins-, eine Politik- und eine Kirchenkurie.

Der Volksgruppenbeirat hat laut Verordnung 24 Plätze. Diese Zahl ist nicht im Volksgruppengesetz verankert, sondern steht nur in einer Verordnung. Sie könnte also leicht von der Bundesregierung geändert werden. Wie kommt man überhaupt in den Volksgruppenbeirat?

Wenn dich dein Verein schickt…

Die Vereinskurie hat 12 Sitze im Beirat. Vereine, die in der Grafik angeführt sind bekommen eine Einladung vom Bundeskanzler, wonach sie jeweils 3 Personen nominieren können. Theoretisch wählt der Bundeskanzler dann 12 Personen aus den Nominierungen aus. Stellungnahmen sind nicht weiter erforderlich, da es bereits in der Praxis einen Verteilungsschlüssel für die Vereinskurie gibt, den wir schon letztes Jahr behandelt haben. Bevor er infrage gestellt wird, eine veranschaulichende Grafik:

Die Vereine, die laut Verteilungsschlüssel einen oder mehrere “sichere” Plätze im Beirat bekommen, stehen weiter oben. Die Anzahl der Plätze steht jeweils daneben. Die übrigen Vereine – DOGH, HC, PAIN, KUGA, TMŠJ, ZIGH – „teilen“ sich ein:e Beirät:in oder mehrere, die schon im Beirat (dank Schlüssel) sitzt. Anders gesagt, haben diese Vereine nicht automatisch ein:e Delegiert:e im Beirat.

Meistens ist es so, dass Personen mehrfach nominiert werden, die schon von den „Schlüssel“-Vereinen ernannt wurden. Oft verfolgen diese Vereine ähnliche Ziele. So gebe es selten widersprüchliche Wünsche von zwei oder drei Vereinen auf eine Person, erklärt ein:e Beirät:in.

Ein kreativer, vielleicht bedeutungsloser Input der NG-Redaktion: Würden Vereine, die nicht vom Verteilungsschlüssel profitieren, komplett andere Personen nominieren als die “Schlüssel”-Vereine, könnte sich herausstellen wie zementiert diese Verteilung ist. Dieser Gedanke führt zu ein paar offenen Fragen, auf die etwa im Kommentarfeld eingegangen werden kann:

• Profitieren die “nicht-Schlüssel”-Vereine eigentlich durch die Kooperation mit einem “Schlüssel”-Verein im Nominierungsprozess?
• Wenn letzen Endes das Mandat des “Schlüssel”-Vereines gilt: Sind die restlichen Vereine zu einer Kooperation gezwungen, weil sie sonst überhaupt keine Vertretung im Gremium hätten?
• Abschließend: Ist es überhaupt sinnvoll in einem Gremium, wo alles schon vorgeplant und entschieden wirkt, einen “Schlüssel”-Verein als Verbündeten zu haben?

Schlüssel und Kurienaufteilung als politische Vereinbarung

Dieser Schlüssel – wo einige Vereine eine garantierte Stimme haben und andere nicht – ist nicht im Gesetz verankert, sondern schien damals, als man den Beirat gegründet hat, als ein Lösungsversuch, um Streitigkeiten zwischen SPÖ und ÖVP beizulegen; Walter Prior und Niki Berlakovich haben die Malversation gelöst.

Neben dem Verteilungsschlüssel kam es zu einer weiteren Einigung. Die beiden Parteien stritten nämlich wegen der Sitzverteilung, bis sie sich einig waren, dass es eine Politikkurie, eine Vereinskurie geben solle, dass die Sitze 50:50 verteilt würden und, dass der Vorsitz rotiere, so Berlakovich im NG-Podcast (aus dem Vorjahr).

Ein Resultat der Streitereien war auch, dass zwei Parteivereine gegründet wurden, die jeweils einen Sitz in der Vereinskurie innehaben. Parteivereine deshalb, weil die Mitglieder entweder politische Mandant:innen bei der SPÖ (Präsidium / Prezidiji) oder bei der ÖVP (ARGE / DZ) sind. Das ist nicht unwichtig, denn somit wurde die Balance im Gremium verändert. Der Volksgruppenbeirat hat somit ein politisches Gewicht von 50% Prozent: 12 von 24 Beirät:innen. Statt der gesetzlich vorgesehenen 10 sind 12 eindeutig politisch zuordenbar und politisch besetzt.

Man könne sich überlegen, ob die Aktivitäten anders – vielleicht auch fortschrittlich – wären, wenn die anderen 12 Sitze nicht Personen besäßen, die dem Stimmzwang einer Partei unterliegen. Das zur Spitze treiben könnte man, indem die Grünen oder NEOS (oder gar die FPÖ) einen kroatischen Parteiverein gründen würden. Aber bleiben wir lieber bei Lösungsformeln. 

Martin Ivanscisc, der momentan Vorsitzender des Volksgruppenbeirates ist, erklärt, dass man das ändern könnte. Entweder indem man das Gesetz so adaptiert, dass diese nicht mehr als Vereine gelten (per Gesetz sind sie „Vereine“), oder die Parteivereine würden sich von allein zurückziehen.

Auch Niki Berlakovich, Volksgruppensprecher der ÖVP im Nationalrat meint, dass man darüber diskutieren könne, ob es immer noch relevant sei, dass man zwei parteipolitische Vereine in der Vereinskurie habe. „Bei der Gründung des Volksgruppenbeirates war das entscheidend“, erläutert Berlakovich. Seiner Meinung nach sei es noch immer wichtig, dass auch kommunale Vereine im Volksgruppenbeirat vertreten seien.

Jedenfalls könnte die Politisierung durch die Hintertür ein gutes Diskussionsthema für die zukünftige Arbeitsgruppe (siehe Artikel 1 dieser Serie) oder für den „neu“-bestellten Volksgruppenbeirat werden.

Wenn dich die Partei schickt…

Die Politikkurie umfasst eigentlich 10 Sitze im Beirat. Theoretisch können Personen, die in einer zweisprachigen Ortschaft im Gemeinderat oder im burgenländischen Landtag sitzen, Kandidat:innen sein. 

Die Sitzverteilung der Parteien wird vom Bundeskanzleramt mit Hilfe des Systems „d’Hondt“ errechnet. Für die noch laufende Periode waren die Gemeinderatswahlen im Jahr 2017 von Bedeutung. Es werden aber nur die Ergebnisse der zweisprachigen Ortschaften herangezogen.

Welche Wahlen sind heuer für die Sitzverteilung relevant? Das Bundeskanzleramt hat NOVI GLAS mitgeteilt, dass das noch nicht besprochen sei.

Das Ermittlungsverfahren läuft also noch nicht. Nach diesem Schritt folgt das Nominierungsverfahren. Dabei werden Personen aus den Gemeinderäten und dem Landtag vorgeschlagen und Stellungnahmen zu den Kandidat:innen verfasst. Das Volksgruppengesetz besagt, dass nur Personen nominiert werden dürfen, die im Interesse der Burgenlandkroat:innen und nach dem Gesetz handeln. In der Praxis ist es leider (wie auch in anderen Gremien) üblich, dass Personen als Platzhalter:innen von Parteien bestellt werden. 

Das “Phänomen des Handhebers” besteht aber nicht nur in der Politikkurie, sondern auch in den anderen Kurien (ihm ist unser nächsten Artikel gewidmet). Es geht freilich auch anders: Manchmal haben Parteien auch ein gutes Händchen und es melden sich Personen, die sich für die Arbeit im Volksgruppenbeirat interessieren. Nach dem Nominierungsverfahren gibt es auch noch die Möglichkeit, dem BKA Einwände zu melden. Zum Schluss bestellt d:ie Bundeskanzler:in die Beirät:innen.

Ein weiteres, interessantes Detail bezüglich Parteienvertretung ist §4 Abs. 5 im Volksgruppengesetz. Dieser Absatz besagt, dass jede Partei, die im Hauptausschuss des Nationalrates vertreten ist, ein:e Vertreter:in zu den Sitzungen schicken kann. Diese Person kann dann eine beratende Funktion bei den Diskussionen einnehmen, ist jedoch nicht stimmberechtigt. Martin Ivancsics, der schon viele Jahre im kroatischen Beirat sitzt, hat NG erklärt, dass einige Parteien diese Gelegenheit auch nützen. Regelmäßig kämen Vertreter:innen der Grünen, ÖVP, SPÖ und FPÖ zu den Sitzungen; letztere in jüngerer Vergangenheit weniger. Ein:e Vertreter:in der NEOS habe er noch nicht bei den Sitzungen gesehen, meint Ivancsics.

Wenn dich die Kirche schickt

Die Kirche – in diesem Fall die kroatische Sektion oder seit 2019 das kroatische Vikariat der Diözese Eisenstadt – kann zwei Burgenlandkroat:innen nominieren. Das müssen keine Geistlichen sein.

„3. als Angehörige der Volksgruppe von einer Kirche oder Religionsgemeinschaft vorgeschlagen wurden.“

(VG-Gesetz §4 Abs. 2 Z 3)

Der Bischofsvikar des kroatischen Vikariats, Željko Odobašić, erklärt NG, dass auf einer gemeinsamen Sitzung des Vikariats über die Nominierung diskutiert werde. Im kroatischen Vikariat arbeiten acht Personen, die werden eingeladen. Usus sei, dass der Vikar selbst einen Sitz bekommt, wenn dieser Zeit habe, so Odobašić. Über die Wahl der anderen Person werde konferiert.

Warum entsendet nur die katholische Kirche Volksgruppenbeiräte? Ist es aus ihrer historischen Bedeutung? Vielleicht weil sie als einzige eine Sektion oder ein Vikariat für die Burgenlandkroat:innen führt. Aber spannend wäre es, wenn eine weitere Kirche oder Religionsgemeinschaft ein oder zwei Personen nominieren würde.

Eine Reform ohne Erfolg

Dass die Kirche gleich zwei Sitze im Volksgruppenbeirat zugeteilt bekommt, könnte man infrage stellen. So dient sie als ein Beweis, wie es mit der Trennung von Staat und Kirche in Österreich aussieht. Es gibt sie nicht.

2012 verfassten der damalige Staatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ) und weitere Politiker:innen einen Vorschlag für eine Novelle. Man wollte die Kirchenkurie und die Politikkurie aus dem Gesetz streichen – oder zumindest wesentlich verkleinern. Laut dem Vorschlag würden drei Viertel der Sitze von Vereinen besetzt werden und ein Viertel von Expert:innen für Volksgruppenfragen (aus dem Sprach-, Kultur-, Sozial-, Regional-, Politik-, konfessionellen etc. Bereich). 

Da dieser Entwurf aber auch einige zu hinterfragende Punkte beinhaltet hatte (Stichwort Ortstafelfrage), konnte er sich nicht durchsetzen und so blieb die Sitzverteilung der Kurien beim Alten. 

Hätte sich dieser Vorschlag heute in einer Novelle durchsetzen können? Und überhaupt, entspricht die Beiratskonstellation noch dem Zeitgeist?

Der dritte und vermutlich letzte Artikel dieser Serie beschäftigt sich mit der Wahl de:r Vorsitzenden und Vorsitzendenstellvertreter:in, mit dem Phänomen der „Einstimmigkeit“ und einer Option, die etwas ändern könnte…