Ein Rücktritt nicht zum Wohle der Nation, aber der Person. Mit Rudolf Anschober verlässt einer der Pfeiler der Pandemiebekämpfung die Arena.
Der eigentliche Applaus kam schon vor der Erklärung. Ganz leise zu hören im Live-Stream. Die Ankündigung, dass er bald rauskommen wird, um abzutreten.
“Mein Eindruck ist nicht, es sind 15 Monate, sondern gefühlt 15 Jahre.” Die erste druckreife Passage des Abschieds aus einer Funktion, die nicht nur die eines Gesundheitsministers sei – Soziales, Pflege, Konsumentenschutz ist da auch drin. Dennoch wurden die Vorhaben im Ministerium von Corona überrannt, das “zum Steuerungszentrum der Pandemiebekämpfung” geworden sei.
Wie geht so ein politischer Rücktritt vonstatten? Meistens gähnend und am Schluss kommt die Pointe. Bei Rudolf Anschober kommt die zwar auch zum Schluss, aber im Gegensatz zu anderen hat man das Gefühl: Man war da dabei. Der Sog der täglichen Pressekonferenzen vor einem Jahr, das Picken am Schirm.
Internationales Köpferollen
Anschober hat angefangen mit einer Würdigung der Ministeriumspläne und Vorhaben bis zur Pandemie. Ab dann kommt’s hart auf hart. Wenn man in die EU schaut, die Reihe der Gesundheitsminister, die sich auch beim Gesundheitsministerrat der EU austauschen, ja die sind auch großteils schon ausgetauscht. Anschober nennt Tschechien, das mittlerweile Gesundheitsminister Nummer 4 habe. “Weder die EU noch irgendein Mitgliedsland waren auf die Pandemie vorbereitet. Auch nicht Österreich, auch nicht das Gesundheitsministerium.”
Eigene Leistung
Man habe drei Beraterstäbe geschaffen, die alle ehrenamtlich und faktenbasiert arbeiten. 106 Verordnungen – er habe nochmal nachgezählt – seien raus und die auch einvernehmlich mit dem Koalitionspartner und den Bundesländern. Das Dialogorientierte sei seines. Im Laufe seien erhebliche Mühlen entstanden, gepaart mit einem Schuss Populismus und Parteitaktik. Man kann nachvollziehen, das geht ans Eingemachte.
“In einer Pandemie ist niemand fehlerlos.” Aber in Summe, denke er, hätten sie gute Arbeit gemacht. “2,2 Millionen der impfbaren Bevölkerung – eigentlich ein hässliches Wort – sind geimpft.”
Wellengang mit Cobra
Dann geht er zum Wellengang der Pandemie über. Welle 1 – Österreich sei im internationalen Vergleich da gut drüber. Zweite Welle – da sei schon vieles an Spaltung da gewesen, die Aggressivität hätte zugenommen und er und sein Umfeld hätten Morddrohungen erhalten. Seither stand er unter Polizeischutz, was ihm auch den Zugang zu einer weiteren Energiequelle verwehrt hätte: unbefangene Gespräche in der U-Bahn etwa.
Die dritte ~, geprägt von Interessenskonflikten. Anschober habe sich oft sehr alleine gefühlt. Dennoch sei er froh, dass mit aller – seiner letzten? – Kraft Öffnungsschritte abgesagt wurden. “Nicht zu denken, was passiert wäre.” Und jetzt? Die Kritiker hätten eh recht, die Osterruhe sei ein Lockdown. Aber über die Umsetzung sei er froh und streicht den Wiener Bürgermeister Michael Ludwig als Unterstützer hervor. Den Neologismus hätten sie sich sparen können, könnte man kommentieren.
For Ostösterreich gelte: “Wir sind noch nicht übern Berg”. Berg? Welchen Berg? – tät der Burgenländer fragen. Die Antwort kommt prompt, der Durchschnitt der Verweildauer auf der Intensivstation sei auf fast 30 gestiegen. Aja, der Berg.
Er nennt vier Probleme für die Zukunft – man könnte meinen für seinen Nachfolger Wolfgang Mückstein: Mutationen, Testwilligkeit, Impfwilligkeit, Anerkennung von Long Covid als Krankheit.
Tabu des Krankseins
Dann der persönliche Part. Anschober habe seit 14 Monaten praktisch durchgearbeitet. Kein völlig entspannter Tag. Er habe sich offensichtlich überarbeitet. “Für Erkrankungen braucht sich niemand schämen.” Das sei wichtig sichtbar zu machen. Er hätte nicht mehr genug Energie, einen beginnenden Tinnitus, dann sei Kreislaufkollaps Nummer 1 gekommen – aber ohne organische Schäden und infolgedessen habe er es noch einmal versucht.
Ob das vergleichbar sei mit seinem Burnout vor neun Jahren? Nein, das jetzt sei kein Burnout. “Bei einem Burnout würde ich nicht hier stehen”. Da hätte man die Kraft nicht, ein gezogener Stecker. Dennoch seien die Kreislaufprobleme wiedergekommen und ein zweiter Kollaps vergangenen Dienstag. Dann wendet Anschober ein in Pandemiezeiten gern verwendetes Bild an: “Ich muss für mich die Notbremse ziehen.”
Abgang mit Binnen-I
Zwar müsste prinzipiell auch für einen Gesundheitsminister eine Pause drin sein, nicht aber in der schwersten Gesundheitskrise seit Jahrzehnten. Die verlange nach einem Gesundheitsminister, der zu 100 Prozent fit sei und das sei er nicht. “Die Pandemie macht keine Pause. Daher kann auch ein Gesundheitsminister keine Pause machen.” Anschober schließt diesen Gedanken mit: “Ich will mich nicht kaputt machen.” Er kündigt seinen Rücktritt mit kommendem Montag an, bei der Aussprache seines Ministeriums baut er noch ein unterschwelliges “KonsumentInnen” ein – die Wand hinter ihm will nur den Konsumentenschutz kennen.
Regierungsthriller
18 Jahre Regierungsarbeit hat er hinter sich. Zählt man die 15 Monate seit Corona als Jahre, wäre er bei 32 Jahren Regierungsarbeit. 17 Jahre war er Teil der oberösterreichischen Landesregierung. Irgendwann will er – da ähnelt er anderen Zurückgetretenen – ein Buch schreiben. 5 Sachbücher sind bereits veröffentlicht – etwa zu Kochthemen und Grünem Regieren. Einen politischen Roman würde er schreiben wollen. Inspirationsquelle könnten auch die letzten Wochen sein, so Anschober.
Danke für die Mehlspeisen
Dann kommt der Dankespart. Danke der Partnerin, mit der er zusammengewachsen sei. Das Kabinett und die Grünen Kolleg:innen nennt er ein Team von Freund:innnen. Werner Kogler hätte mit ihm die Nachfolge einvernehmlich besprochen. Zur türkisen Fraktion fällt kein Wort. Er dankt den Tausenden an Menschen, die Mails geschrieben, Blumen oder Mehlspeisen überreicht hätten.
Dann Hand aufs Herz. Sichtlich gerührte Verbeugung. Kurzer Applaus.
Mit Zettel im Gesicht Maske aufsetzen. Die letzten Worte: “So.” Im Gehen ein Winken, teilweise verdeckt vom Plexiglas. Über der Tür leuchtet das Notausgangslicht.
Die nächsten Wochen werden entscheidend sein. Hat er diesmal nicht gesagt. Aber wissen tut er es, tun wir es.
Znam da ov komentar ne paše 1:1 članku – ali došao sam na vo, kad sam ga čitao.
Meni teško spadije ov članak kako “einsortirat”.
Su politićke i nimško pišene članki bilo to ča je kod vaše feedback-runde vandošlo da si štitelj:ice željidu? I ča je tote uopće vandošlo? “Šika se” da ako se ljude prosi za feedback, da se i transparentno kaže ča su ljudi javili u tom feedback-aufrufu.
Dragi Milan,
Feedback je bio s najvećega djela (75 %) jako pozitivan ili pozitivan. Ako se spomeneš, smo i imali točku za podiljenje jezika i kako neka s tim dalje. U tom je vandošlo, da su već od 2/3 zadovoljne s većjezičnoj balansi člankov. Pokidob je ta feedback došao pred svim od štiteljev, ki su odgovorili, da znaju hrvatski, smo konkludirali, da je kurs opravdan. Iz štatistikov člankov vidimo, da i oni članki bolje funkcioniraju, ki imaju dvojezičnu komponentu. Prerano je još za finalni conclusio, ali velik broj i ličnih reakcijov nas očvrsti (najlipše su zapravo reakcije od koga je nebi očekivao).
Obljubljene u feedbacku su bile i rubrike o manjinskoj politiki, većjezičnosti, feminizmu i povijesne teme, politika…zapravo one, ke pretežno vidiš u prošli miseci. Manje obljubljene: korona, vjera i migracija. Ove tri su dostale manje od 50 procentov odobrenja. Ali to zna imati različne uzroke kod kih sigurno ide iza pršonski stav.
Ako si i pažljivo čitao uvod NG 1/21 vidiš, da smo i onde dali neke odgovore iz toga feedbacka. Mi smo u redakciji dogovorili, kako s njim dalje. Odlučili smo se, da jednostavno poboljšamo kritične točke ili adaptiramo stranicu kot je želja. Cijeli feedback ne ćemo publicirati. Jer – kot sam pisao – ako nebi bila množina štiteljev happy, bi si premislili, jeli naš smjer paše. Iako stranica sad biži jur par misec, još svenek smo na početku ovoga online-projekta, ki polako dalje raste.
Lip večer
Konstantin