Kako se Gradišćansk:e Hrvat:ice sam:e isključuju. Wie sich die Burgenlandkroat:innen intern ausgrenzen.

Die Zahl der Burgenlandkroatisch Sprechenden wird jährlich kleiner. Gründe dafür gibt es einige: Landflucht, sprachliche Hybridisierung (Kroatisch-Deutsch Mix), Verlust der Sprachbindung und -wertes und weitere. Diese Gründe sind bekannt, aber könnte die interne Ausgrenzung der Burgenlandkroat:innen auch am Verlust Schuld haben?

Die Macht der Sprache

Wir leben paradox: Trotz des Bewusstseins, dass die burgenlandkroatische Volksgruppe schrumpft und die Sprache von Jahr zu Jahr mehr in Vergessenheit gerät, grenzt die organisatorische Struktur einiger Vereine der Volksgruppe gewisse Personen aus und beschleunigt so das Aussterben der Volksgruppensprache und der Volksgruppe selbst.

Wie ist das gemeint?  Es geht hier vor allem um die, die dem Burgenlandkroatischen nicht mächtig oder nur teilweise mächtig sind, aber bei kulturellen oder vereinsartigen Tätigkeiten in der burgenlandkroatischen Szene mitarbeiten. Mittels dieser Tätigkeiten wird das Interesse am Erlernen der Sprache geweckt und man fühlt sich als Teil der Volksgruppe. Umso größer ist der Schmerz, wenn eine Ausgrenzung auf Festen oder Veranstaltungen durch Personen, die die Volksgruppensprache sehr gut beherrschen, stattfindet. 

Ein Zustand, der mit der Situation des „kleinen Ich bin Ich“ (Kinderbuch von Mira Lobe) vergleichbar wäre: Man erfährt Ausgrenzungen durch die Minderheit selbst, zu der man sich zugehörig fühlt und durch die Mehrheitsgesellschaft, die beispielsweise sagt: “Des is ja a Krowod!”

Warum Grenzen?

Diese Frage könnte der Menschheit allgemein gestellt werden. Menschen ziehen Grenzen, um Kontrolle zu bewahren und (sich?) Sicherheit zu geben. Im begrenztem Terrain ist es möglich eine stabile Struktur zu bilden. Scheint sich die gewohnte Struktur stückweise zu verändern oder zu verschieben, bricht Innen Panik aus. Schuld gibt man dem anderen von außen. Grenzen werden kontrolliert, die inneren natürlichen Prozesse werden nicht mitbedacht und man versucht (verzweifelt) an einer konserva(tiven) Struktur festzuhalten.

Eine Rettungsstrategie

Das Credo lautet: mehr Medien, Artikel, Radiosendungen, Fernsehsendungen usw. auf Burgenlandkroatisch. Wenn aber die sinkende Anzahl an Sprecher:innen berücksichtigt wird, fragt man sich – wozu? Immer mehr für immer weniger?

Die Überzeugung um eine erweiterte mediale Sprachförderung und dessen Umsetzung ist nur ein Teil einer möglichen Rettungsstrategie. Der andere Teil beinhaltet das interessant-Machen und das Motivieren, eine Minderheitensprache zu erlernen und zu nutzen. Beide Teile hängen unmittelbar zusammen und alle beide sind wichtig. Der eine Teil verhindert die Ausgrenzung, schafft Motivation die Sprache zu erlernen und holt mehr Menschen ins Boot. Der andere Teil ist der Sinn und das Ziel, warum man sich mit der Sprache und der Volksgruppe beschäftigen soll: weil man dann etwa die burgenlandkroatischen Liedtexte, Gedichte, Artikel, Freund:innen usw. verstehen kann und sich an ihrer Vielfalt bereichern kann. Oder banaler: um endlich herauszufinden, wie “woschmaschin” Waschmaschine auf Kroatisch heißt.

Dieser Text ist die Einführung einer neuen Rubrik von Novi glas. Die Idee gab es schon länger, aber auch ein Video der Tamburica-Gruppe Parndorf hat uns bewogen, die Rubrik zu begründen.

Diese Rubrik soll mittels verschiedener Perspektiven den Komplex des Burgenlandkroat:in-Seins analysieren. Gefragt sind verschiedene Meinungen zu den Themen „Identität“, interne Ein-/Ausgrenzung, Sprachgebrauch, Aussterben der Volksgruppe, usw., die gemeinsam das komplexe und verknüpfte Gerüst des Burgenlandkroat:in-Seins bilden.

Hiermit wollen wir euch, liebe Leser:innen einladen, eure Meinungen und Erfahrungen in Form eines Kommentars mit uns zu teilen und sie uns per E-mail redaktion@noviglas.online zu schicken! Gerne helfen wir, Kommentare ins Kroatische oder Deutsche zu übersetzen.  Wir freuen uns über eure Ansichten! 

Was bedeutet “Čij:a si ti?”?

“Čij:a si ti?” ist sinngemäß schwierig zu übersetzen. Gewöhnlich kommt diese Frage in den kroatischen Dörfern im Burgenland  auf, wenn jemand Neues im Dorf durch die Gassen schlendert und Leuten am Weg oder auf einer Bank begegnet. Manchmal braucht man gar nicht neu sein – es werden auch diejenigen befragt, die älter geworden sind und anders aussehen. Wörtlich übersetzt wird gefragt “wessen bist du?”, gemeint ist aber “welchem Haus gehörst du an?”. Dann antwortet man mit seinem Hausnamen (etwa: Maričini oder Šandriovi) und schon kennen die Fragenden deinen ganzen Familienstammbaum. Sollte man im Leben gerade was durchmachen und sich fragen: “Wer bin ich?”, könnte man sich in den kroatischen Ortschaften auf eine Bank setzen. Bald sollte jemand vorbei kommen und die Angelegenheit klären können.