Acoustic Lakeside: Kada prekorakne festival granice dobrovoljnosti?

Von 18. bis 20. Juli 2024 hat in Kärnten am Sonnegger See wieder das Acoustic Lakeside Festival stattgefunden. Warum hat das Organisationsteam nun mit der Finanzpolizei zu kämpfen und inwiefern lässt sich das Festival mit dem “Dan mladine”Tag der Jugend, organisiert vom NG-Herausgeber HAK vergleichen? Luka Stern, Mitglied des Acoustic Vorstands sowie Kärntner Slowene, hat uns Auskunft gegeben.

NOVI GLAS: Wann wurde das Festival am Sonnegger See gegründet? 

Luka Stern: Das Acoustic Lakeside gibt es seit 2006 und hat im Prinzip damit angefangen, dass die Band „Sauer“ im Sommer nach Konzertmöglichkeiten gesucht und nichts Passendes gefunden hat. Da wurde beschlossen, einen Konzertabend zu organisieren – eben am Sonnegger See. 2006 war das erste Event und so ist es stetig gewachsen, mit immer mehr freiwilligen Helfer:innen, die Freund:innen dazu geholt haben. Ich bin seit etwa 2015 im Verein. Da habe ich angefangen, an der Theke auszuhelfen. In die Organisation bin ich dann im Jahr 2017 hineingerutscht. 

NG: Wie habt ihr es geschafft, dass das Festival so groß und bekannt wird? 

LS: Der Ansporn mehr zu schaffen, war bei den Vereinsmitgliedern eigentlich immer schon da. Einfach die Herausforderung, in der Region rund um Sittersdorf alternative Musik zu fördern, indem man auch bekanntere Bands dazu holt. Im Laufe der Jahre sind immer mehr Personen zum Verein dazu gestoßen, die in den verschiedensten Bereichen Knowhow mitgebracht haben – so hat sich das Festival über die Jahre professionalisiert. Nur im Organisationsteam sind inzwischen sicher 20 bis 30 Personen miteingebunden.  

NG: Das Organisationsteam arbeitet also ehrenamtlich und alle anderen Helfer:innen musstet ihr erstmals – aufgrund der Kontrolle im letzten Jahr – anmelden. Findest du die Strafe der Finanzpolizei als berechtigt? 

LS: Jede:r im Organisationsteam und normalerweise auch im Verein hilft ehrenamtlich. Heuer war die Anmeldung bei der ÖGK eine Ausnahme, weil sonst das Strafmaß vielleicht schlimmer wäre, wenn es wieder zur Kontrolle kommt. Die Finanzpolizei als Organ der Demokratie ist natürlich unabdingbar und wir haben uns insgeheim auch darauf vorbereitet, dass es irgendwann zu einer Kontrolle kommen wird. Deshalb haben wir streng darauf geachtet, dass Helfer:innen während des Festivals ein Mitgliedschafts-formular ausfüllen und eine Unentgeltlichkeitserklärung unterschreiben. Das hat immer gut funktioniert. Voriges Jahr, als es zur Kontrolle kam, konnten wir diese Dokumente auch nachreichen. Von der ÖGK haben wir jährlich eine schriftliche Genehmigung erhalten, weil wir eben ein Verein sind. Dabei hieß es: Solange die Mitarbeiter:innen ehrenamtliche Vereinsmitglieder sind, müssen die Personen nicht angemeldet werden. Das war der Gedanke, aber anscheinend hat es doch nicht gepasst … Das ist der Hauptpunkt, den die Finanzpolizei jetzt anvisiert und worauf sich dieser Strafantrag stützt. Also bei 192 Mitgliedern, die auf Einteilungslisten stehen, werden 730 Euro als Strafe gerechnet. Da kommen wir auf 140.000 Euro, plus 10 Prozent Verwaltungskosten, sind um die 154.000 Euro. Sobald Personen auf Einteilungslisten stehen und Dienstzeiten haben, besteht laut der Finanzpolizei ein Arbeitsverhältnis. In Absprache mit der ÖGK mussten wir es heuer so machen, aber in Zukunft soll es wieder ehrenamtlich ablaufen, weil wir darauf beharren, dass wir ein Verein sind und die Leute hier freiwillig helfen. 

NG: Mit dem Risiko? 

LS: Naja wir werden sehen, wie es mit dem Festival bzw. dem Prozess überhaupt weitergeht. Das sind behördliche Wege, die sich über Jahre ziehen können, wenn es wirklich bis zum Verfassungsgerichtshof gehen sollte … Wir können das momentan nicht einschätzen.  

NG: Erhaltet ihr eigentlich auch Unterstützung vom Bund bzw. der Region? 

LS: Wir kriegen ein Sponsoring vom Kulturreferat Kärnten, aber momentan, was diese rechtlichen Dinge betrifft, wird alles von uns selbst finanziert. Die Linie der Politik ist in der Hinsicht klar: Im kulturellen Bereich muss fair entlohnt werden, aber das trifft ja nicht auf uns zu, weil wir ehrenamtlich arbeiten und keiner im Vorstand bezahlt wird. Es gibt keine Bereicherung. Man kann kein Lohndumping machen, wenn es nirgendwo einen Lohn gibt. 

NG: Und wie finanziert ihr alles rund ums Festival? 

LS: Also neben dem KLV-Sponsoring (Kärntner Landesversicherung) decken die Tickets und Gastro im Prinzip alles ab.  

NG: Es gibt ja das „Netzwerk österreichischer Festivalfreunde“, wo das Acoustic Lakeside Festival auch dazu zählt … Tauscht ihr euch da regelmäßig miteinander aus? 

LS: Ja, da herrscht ein sehr guter Austausch! Wir haben zum Beispiel immer schon gute Kontakte beim Picture On Festival gepflegt. Wir besuchen auch die dazugehörigen Festivals. Durch das NÖFF hat sich die Vernetzung österreichweit einfach verstärkt. Deshalb wird es bestimmt auch die anderen Vereine treffen, wenn es zur Kontrolle der Finanzpolizei kommt. Bei uns ist halt die Situation ein bisschen anders, als etwa beim Picture On – die organisieren im Laufe des Jahres mehrere Veranstaltungen und wir haben wirklich nur das eine Festival im Jahr.  

NG: Meinst du, hat das Acoustic Lakeside Festival einen Einfluss auf die Region bzw. Gemeinschaft? 

LS: Ja auf jeden Fall! Ich weiß aus dem Organisationsteam, dass das Festival einfach ein Fixpunkt im Jahr ist, wo sich jede:r Zeit nimmt, auch wenn die Mitglieder aus Graz, Salzburg oder Wien sind. Da herrscht viel Enthusiasmus, Freude am Festival, am Organisieren und ich glaube schon, dass es für die Region einen großen Mehrwert hat. Ich würde behaupten, dass der Sonnegger See durch das Festival sogar internationale Bekanntheit erreicht hat, weil größere Bands aus Amerika, England etc. auch schon aufgetreten sind. Zu der Zeit gibt es auch mehr Nächtigungen in der Umgebung. Viele Gäste kommen mit Kindern und buchen inzwischen Apartments. 

NG: Nachdem das Festival in einer kärntner-slowenischen Region stattfindet, versucht ihr die Minderheitensprache einzubeziehen? Soweit ich weiß, ist die slowenische Band Bališ auch schon mal aufgetreten … 

LS: Ja genau! Also ich muss sagen, das wird das Minderheitenthema noch nicht so ganz verfolgen. Im Vorstand sind jetzt zwar vier slowenisch sprechende Personen, aber es war noch nie wirklich Thema. Wir verfolgen ja das allgemeine Ziel, alternative Musik zu fördern. Wir versuchen bei öffentlichen Auftritten auch etwas Slowenisches zu implementieren, aber das ist aus meiner Sicht erst im Kommen. Es ist auf jeden Fall ein Ziel, doch jetzt hatten wir wegen dem ganzen Verfahren andere Schwerpunkte … 

NG: Wie würde der Minderheitenbezug in etwa aussehen? 

LS: Wir probieren halt unser Line Up diverser zu gestalten. Wir schauen darauf, dass es nicht zu männerlastig ist, dass wir Bands aus verschiedenen Ländern buchen und eventuell auch im heimischen Minderheitennetz schauen, was alternative Musik betrifft. Wir sind bei der Musik halt schon ein wenig eingeschränkt, wir können nicht zu „harte“ Gruppen nehmen. Bališ wäre zum Beispiel auch in Zukunft nochmal eine Option. Unser Booking-Team bucht einfach solche Bands, die in unser Musikspektrum passen und beachtet natürlich auch, was gerade im Kommen ist. Zum Beispiel Leftovers oder Endless Wellness waren heuer sehr beeindruckend. Bei Leftovers ist es zum ersten Moshpit überhaupt gekommen. Das ist auch ein Zeichen, dass wir uns weiterentwickeln, nachdem die Band bzw. Musikrichtung „punkiger“ war als sonst. 

NG: Wie kommen anderssprachige Bands beim breiten, deutschsprachigen Publikum an? 

LS: Das wird absolut akzeptiert. Die Mehrheit der Besucher:innen ist aus ganz Österreich und darüber hinaus. Also ich glaube, das wird normal aufgenommen. Es hat ja auch damals bei Bališ überhaupt keine Probleme gegeben. Die Ticket-Nachfrage ist immer groß und sprachliche Vielfalt wird die Besucher:innen auch nicht abschrecken. Im Gegenteil, ich glaube das weckt das Interesse auch ein bisschen für die Region, weil ja Leute aus ganz Österreich zum Sonnegger See kommen, der nicht wirklich zu den berühmtesten Seen in Kärnten/Koroška zählt.  

NG: Obwohl “Dan mladine”, das Festival des Kroatischen Akademischen Klubs HAK, viel kleiner ist … kannst du trotzdem Vergleiche ziehen? 

LS: Ich war tatsächlich das erste Mal 2022 in Wien dort und voriges Jahr in Petrovo Selo. Vom Aufwand und von der Idee her, ist es sicher ähnlich, aber natürlich nicht in diesem Ausmaß. Wir haben ja um die 3.000 Besucher:innen inklusive Crew etc. Wir müssen uns schon große logistische Gedanken machen, was Sicherheit, Parken etc. betrifft. In der Hinsicht ist es nicht vergleichbar, aber vom Grundgedanken und der Organisation eigentlich schon. Die Organisation vor Ort läuft vermutlich ganz gleich ab.  

NG: Was können wir tun, damit die Besucherzahlen beim Dan mladine wieder wachsen? Würdest du das Festival sozusagen öffnen und nicht auf die kroatische Szene beschränken? 

LS: Puh, gute Frage. Also mir hat das Festival voriges Jahr sehr gefallen und ehrlich gesagt, finde ich den Fokus auf das Burgenlandkroatische cool. Es geht ja um die Vernetzung der einzelnen Regionen, wo noch Burgenlandkroat:innen leben. Ansonsten würde der Grundgedanke vom Dan mladine ein bisschen untergehen. Man muss halt immer das catchen, was die Leute anzieht. Beim Acoustic Lakeside merken wir, dass unsere Stammkundschaft in etwa 30+ ist und schon mindestens einmal da war. Die meisten kommen wieder, weil sie wissen, dass es ein Kinderprogramm gibt, dass die Musik nicht zu laut ist, dass es eben ihre Nische ist. Man muss einfach mehr darauf eingehen, welche Musik die Jugend heutzutage hört, wie man jetzt die Burgenlandkroat:innen sozusagen ins Boot holen kann, ob das jetzt zwingend eine Jelena Rozga ist … ganz objektiv gesehen. Die Besucherzahlen zu erhöhen, ist für jeden Verein ein schwieriges Unterfangen. 

NG: Was muss generell bei der Organisation beachtet werden? 

LS: Also ich bin im Infra-Team. Da geht es darum, dass alles rund herum funktioniert. Wir haben noch einige im Team, die auf Kleinigkeiten schauen, was das Ganze dann eben verzaubert. Man darf nicht unterschätzen, was vor Ort noch alles bedacht werden muss, zu welchen Nachbarn man gehen muss, dass man auf Feuerlöscher an der Theke nicht vergisst etc. Das sind einfach Dinge, wo Einzelne im Hintergrund für uns mitdenken und diejenigen würde ich auch als Organisationsmitglieder hervorheben. Aus infrastruktureller Sicht ist einfach das Wichtigste, dass man im Vorhinein alles genau abspricht und budgetiert. Dann steht dem Festival eigentlich nichts im Wege. 

NG: Welche Tipps kannst du uns noch geben? 

LS: Wir wollen eben diesen Prozess auskämpfen, weil es viele Vereine mit denselben Strukturen österreichweit treffen wird. Ich würde euch den Tipp geben, darauf zu achten, dass alle Mitwirkenden wirklich Vereinsmitglieder sind und Unentgeltlichkeitserklärungen unterschreiben, dass sie einfach über den Organisator bzw. die grundlegenden Dinge Bescheid wissen und sich dessen bewusst sind, freiwillig mitzuarbeiten.  

NG: Verfolgt ihr beim Acoustic Lakeside immer noch das anfängliche Ziel? 

LS: Das hat sich natürlich ein wenig angepasst, da das Festival gewachsen ist, aber das Hauptziel ist grundsätzlich Musikvielfalt in der Region zu festigen und ein wichtiges Ziel ist eben auch, dass der Verein nicht auf Gewinn aus ist, dass wir wirklich ehrenamtlich bleiben wollen. Der Grundgedanke hat sich in der Hinsicht nicht geändert.