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EU-Sonderbeauftragter Sattler: “Eskalationsspirale geht von Kosovaren aus”

EU-poslanik u Bosnu i Hercegovinu: Eskalacija počela je kod Kosovarcev

Wie gefährlich ist die derzeitige Lage im Kosovo?

Auf diese Frage gab der EU-Sonderbeauftragte für Bosnien und Herzegowina, der Österreicher Johann Sattler, bei einem Gespräch zum Westbalkan im Wiener Kreisky-Forum diese Woche Dienstag recht eindeutige Antworten. Auch wenn er sich den übrigen Abend bemühte, keine Schwarz-Weiß-Malerei zu fertigen, sagte er, dass die Kosovaren in diesem Konflikt klar an der Eskalationsspirale drehen würden.

Eine kurze Einordung: Mehr als 25 KFOR-Soldaten der internationalen Friedenstruppen, die im Kosovo stationiert sind, wurden nach gewaltvollen Zusammenstößen mit serbischen Bürger:innen verletzt. Sonderbeauftragter Sattler meinte diesbezüglich zwar, dass der serbische Präsident Aleksandar Vučić etwa wegen Großdemonstrationen innenpolitisch unter Druck stünde, aber dieser es nicht sei, der in diesem Konflikt mit der Eskalationsspirale begonnen habe. „Die Eskalationsspirale ging klar von den Kosovaren aus“, so Sattler.

Die drei-Prozent-Bürgermeister

Sattler erklärte, dass bei den von Serben boykottierten Regionalwahlen im Kosovo teilweise Bürgermeister mit einer Wahlbeteiligung von drei Prozent ins Amt gewählt worden seien – also albanische Bürgermeister in mehrheitlich serbischen Gemeinden. “Ich habe ein gewisses Verständnis dafür, dass die Serben in diesen Gemeinden sozusagen einen Baum aufstellen, wenn diese Bürgermeister, die nicht demokratisch legitimiert sind, die Amtsräume gewaltsam einnehmen wollen,” so Sattler beim Gespräch im Kreisky-Forum.

Ausschreitungen vor dem Amtsgebäude in Zvečan. Screenshot: Radio Free Europe

Sattler sieht etwa auch einen Fehler in der Regierung Albin Kurtis, die in Kosovo damit angetreten sei, keine Kompromisse mit den Serben einzugehen. Kurtis Regierung hätte vor allem die Anerkennung Kosovos durch Serbien als Ziel und erst dann würde man über alles andere reden, so Sattlers Eindruck von Kurti. Kurti nannte er einen interessanten und intellektuellen Gesprächspartner, im Zusammenhang mit Serbien sehe er diesen aber oft nicht rationalen Argumenten zugewandt.

Anerkennungspoker

Von beiden Seiten wünscht sich Sattler, dass sie sich weiterhin am Dialogprozess beteiligen. Dass man in dieser Phase so eskaliere, lasse Zweifel am guten Willen aufkommen, so Sattler. Von beiden Seiten würde gepokert. „Für die Serben ist es ungewohnt, dass die Kosowaren momentan sehr hoch pokern“, so Sattler weiter.

Er glaubt nicht, dass der serbische Präsident Vučić zum jetzigen Zeitpunkt zur Anerkennung des Kosovo bereit wäre, bereit „dieses Faustpfand, das größte, das er hat, aus der Hand zu geben“. Jedenfalls nicht bevor er und damit Serbien sehr nahe dem EU-Beitritt seien. „Das könnte sich Vučić bis zum Schluss aufheben“, so Sattler. Am Mittwoch wurde bekannt, dass die USA als Reaktion auf die Ausschreitungen, den Kosovo von einer gemeinsamen Militärübung ausgeschlossen haben.


Zur Person

Johann Sattler ist seit 2019 Sonderbeauftragter und Botschafter der EU in Bosnien und Herzegowina, davor war er österreichischer Botschafter in Albanien. Für die WAZ-Mediengruppe sowie Axel Springer war er von 2008 bis 2013 in Moskau als Herausgeber tätig. In Bosnien-Herzegowina setzt er sich u.a. für den Erhalt der Pressefreiheit ein, die EU unterstützt Bosnien und Hercegovina außerdem bei der Verbesserung des demokratischen Wahlsystems. 

Das Kreisky-Forum im 19. Wiener Gemeindebezirk versteht sich als internationales Dialogzentrum, seine Räumlichkeiten befinden sich in der ehemaligen Kreisky-Villa. Im Vorstand des Kreisky-Zentrums finden sich viele (ehemalige) SPÖ-Granden. Die Veranstaltung mit Johann Sattler hat der ehemalige Botschafter Helfried Carl moderiert, sie ist zur Gänze als Video abrufbar.

Den Part zur aktuellen Situation im Kosovo spricht Sattler ab Minute 54 an.

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