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Was jede:r beachten sollte, wenn der Begriff „Krowod“ verwendet wird.

Mala historična i ethnološka analiza o tudjem nazivu. Eine tiefergehende Analyse in zwei Sprachen.

Krowod, Crobat, Krobot oder Krowot sind umgangssprachliche Ausformungen…Rič dohadja iz nimškoga dijalekta i znači „Kroate“. Pokidob je rič nimška, preporučujem pročitati dodatno nimški dio. Hrvatski dio obdjela tematiku iz drugoga pogleda.

Krowod im 16. Jahrhundert

Krowod, Crobat, Krobot oder Krowot sind umgangssprachliche Ausformungen des Wortes Kroate. In Schriftstücken und Akten, wie zum Beispiel Klosterakten, kann man diese Bezeichnungen finden. Diese Gruppen-Einordnung erfolgte aufgrund der Sprache, die die kroatisch-sprechende Bevölkerung im damaligen Westungarn, in Wien und seiner Umgebung gesprochen hatte.

Bekannt ist, dass sich kroatisch-sprechende Bewohner:innen auch in Wien am Spittelberg niedergelassen hatten. Der Stadtteil im heutigen 7. Wiener Gemeindebezirk trug damals den Namen Krowotendörfel oder Crobathen-Dörfel. Allerdings wohnten dort auch Slowak:innen und Tschech:innen, die wegen dieses Wohnortes auch Krowodn genannt wurden. Zahlreiche Wienerlieder des 18. Und 19. Jahrhunderts berichten über arme kroatische Bauern, die verzweifelt um „Wiener Mägde“ geworben haben. Natürlich wohnten nicht nur „arme kroatische Bauern“ im damaligen Wien oder in der Umgebung von Wien, sondern auch Adelige und Gelehrte aus Kroatien. Diese Individuen lebten in oder reisten nach Wien aus ganz anderen Gründen. Der Unterschied lag in der Fremdbezeichnung: Mit Krowodn meinte man explizit die hinzugezogenen kroatisch-sprechenden Bäuer:innen und Arbeiter:innen. Ihr Image kann man aus den Liedern ableiten und die pejorative (abwertende) Nutzung von Krowod erkennen.

Landflucht und Assimilierung

Die Arbeitsmigration der Burgenländer:innen nach Wien nahm nach 1921 verstärkt zu, da viele  der ehemaligen k.u.k.-Wirtschaftszentren an Ungarn gingen. So zog es auch Burgenlandkroat:innen aus dem jungen Burgenland nach Wien. Dort hatte man auch mit Vorurteilen am Arbeitsplatz zu kämpfen. Etwa, dass man als Krowod die deutsche Sprache nicht gut beherrschen könne. In einer Zeit, wo sich das faschistische und nationalistische Gedankengut rapid anhäufte, konnte so ein Vorurteil für manche Existenz-bedrohend sein, da man gesellschaftliche und wirtschaftliche Diskriminierungen erahnen konnte. 

Die Folge – man wollte kein Krowod mehr sein und man gab sich der Devise hin: Österreicher sprechen deutsch und nur deutsch. Diese Entwertung der burgenlandkroatischen Sprache wurde im Nationalsozialismus systematisch eingesetzt. Zweisprachige Lehrer:innen wurden in deutschsprachige Ortschaften versetzt. Die Tamburica und das Spielen der Lieder wurde verboten. Dieser einsprachige Leitgedanke verfolgt die Burgenlandkroat:innen noch bis in die Gegenwart, obwohl das Sprachbewusstsein in den letzten Jahrzehnten wieder zugenommen hat und allemal auch wissenschaftlich bestätigt wurde, dass eine mehrsprachige Erziehung auch kognitive Vorteile bringt. In der Schule wird man noch heute von Mitschüler:innen beschimpft, wenn man miteinander/untereinander burgenlandkroatisch spricht: „Hei, es Krowodn. Herts auf mim eichan krowodischn! Wir san in Esterreich. Do redt ma daitsch.“ [Hey, ihr Krowodn. Hörts auf mit dem Krowodischen! Wir sind in Österreich. Dort redet man deutsch.] 

Aber, wo soll man sonst burgenlandkroatisch sprechen, wenn nicht in Österreich?

Ein Problem ist das Nichtwissen eines großen Teils der österreichischen Bevölkerung über österreichische Sprachen. Gründe für das Nichtwissen oder das mangelnde Wissen liegen sicherlich in der fehlenden Sensibilisierung im Schulunterricht. Bei einigen ist eine sprachliche Diversität noch immer unerwünscht.

Iz arhiva: Novi glas 4/2016. Ilustracija: Joyce. Ideja: D. Frkat/K. Vlasich

Ein Versuch einer Resignifikation

Die burgenlandkroatische Band „Bruji“ versuchte den Begriff Krowod in den 70er und 80er Jahren aufzugreifen und seine Bedeutung zu verändern. Sie wollten das Bild des Krowodn umkehren, der noch immer als „bäuerlicher, in Stiefel tanzender Trampel mit mangelnden Deutsch-Kenntnissen“ in manchen Köpfen eingeprägt war. Im Lied „Nema problema“ kommt der Vers: „Die Krowodn nehm‘ ma mit’n Schmäh“. Es wurde bewusst der Begriff „Krowodn“ genommen, um diesen gegen seine ursprüngliche Zielsetzung zu zitieren. Damit erzeugt man „umgekehrte Effekte“: Also ein Wort zu eigen machen, um es neu zu bewerten. Dieses Phänomen nennt Judith Butler „subversive Resignifikation“.

Die Verwendung von Krowod als Eigenbezeichnung empörte anfangs sogar die eigene Volksgruppe. Aber der Krowodnrock blieb hartnäckig und beeinflusste das Selbstbild, das Selbstbewusstsein und die Musik in der Volksgruppe nachhaltig. 

Wer ist ein Krowod

Ein sprachliches “Andere”

Ursprünglich hieß es, dass Krowodn, die Personen sind, die kroatisch (in Abgrenzung zum im Kroatien gesprochenen kroatisch, wird es heute burgenlandkroatisch genannt) sprechen. Katharina Tyran schreibt in ihrer Arbeit „Identitäre Verortungen entlang der Grenze“, dass der Term Krowodisch für das Burgenlandkroatische von der deutschsprachigen Bevölkerung benutzt wurde, um diesen von der kroatischen Sprache (gemeint Standard–Kroatisch) abzugrenzen. Sie schreibt, dass das im Alltag von Personen, die keine dieser Sprachen sprechen, durchaus auch erkannt und unterschieden wurde. Sie beschreibt in ihrer Arbeit dazu persönliche Beobachtungen. Somit kann die Zuschreibung Krowod auch als Differenzierung von zwei verschiedenen sprachlichen Gruppen verwendet werden.

Ein räumliches “Andere”

Hier möchte ich aber noch meine eigenen Beobachtungen und Erkenntnisse hinzufügen, die der ursprünglichen Bedeutung widersprechen: Erstens, man muss nicht burgenlandkroatische Sprachkenntnisse haben um als Krowod bezeichnet zu werden. Zweitens kann es vorkommen, dass man sich selbst als Burgenlandkroat:in bezeichnet, obwohl man nur schwach oder überhaupt nicht burgenlandkroatisch spricht. Da ich die zweite These in einem anderen Artikel (siehe: cij:a si ti) behandelt habe, gehe ich hier näher auf die erste These ein:

Es ist egal ob die Person – sagen wir – „burgenlandkroatische Wurzeln“ hat. Es geht nämlich um den Ort selbst. Also kann zum Beispiel eine Wienerin oder eine Person aus Split, die in eine zweisprachige (kroatisch und deutsch) Gemeinde zieht, von den Bewohner:innen aus einsprachigen Nachbargemeinden Krowodin genannt werden. Auch wenn eine Person Eltern hat, die burgenlandkroatisch sprechen können, sie aber dem Kind nicht die Sprache weitergegeben haben, wird diese Person Krowod oder Krowodin genannt. Der Grund ist, dass sie in einer zweisprachigen Gemeinde aufgewachsen ist und dort lebt. Hier sieht man, dass dieser Begriff Krowod nicht nur und nicht immer ein sprachliches „Anderes“ beschreibt, sondern auch ein räumliches „Anderes“.

Ein weiteres interessantes Beispiel hat mir eine Bekannte aus der Steiermark gegeben: Krowodei sei das Burgenland, so habe sie es gelernt. Da sie nun einen Freund in Unterpetersdorf (einsprachige Gemeinde in Mittelburgenland) hat, hat sie ihr Vater gefragt, ob ihr Freund krowodisch rede. Auch hat ein Freund von mir, ebenfalls aus Unterpetersdorf, gesagt, dass er bei einem Seminar in Niederösterreich erwähnt habe, dass er aus dem Burgenland komme. Dabei sei er gefragt worden, ob er „a Krowod“ sei. Dabei wussten diese Personen über die Existenz der Volksgruppe, aber sie wussten nicht, wo genau diese zweisprachigen Ortschaften sind.  

Dieses durch den Raum definierte unkonkrete “Andere” kann man auch am Beispiel des Krowotendörfels im 16. oder 18. Jahrhundert in Bezug auf die dort slowakisch-sprechenden Bewohner:innen anwenden. Wie schon oben erwähnt wurden diese auch Krowodn genannt. 

Die Betonung auf „Andere“

Durch dieses Nichtwissen kann man dieses räumliche „Andere“ und auch sprachliche „Andere“ hin und her verschieben.  In anderen Fällen muss der Bezug zu einem Raum oder zu einer konkrete Sprache überhaupt nicht vorhanden sein. Etwa wenn Personen, die Bezeichnung Krowoden für alle Sprecher:innen aus slawischen Sprachgruppen verwenden, weil sie die Sprachen nicht unterscheiden können oder auch die Volksgruppen im eigenen Land nicht kennen. Der Begriff Krowod ist also nichts Konkretes und kann verschieden interpretiert werden. Eines ist dabei sicher, Burgenlandkroat:innen, die sich mit dem Burgenlandkroatischen in irgendeiner Weise identifizieren, fühlen sich beim Term Krowod angesprochen. Jeder Term, der ein gewisses Kollektiv beschreibt, kann auch für negative Zwecke und Diskriminierungen verwendet werden, egal ob dieser auch als Eigenbezeichnung verwendet wird. Daher sollte man die Verwendung immer im jeweiligen Kontext betrachten.

Ein jüngeres Beispiel zur Verwendung von „Krowod“ im diskriminierenden Sinne, ist ein Plakat vom Faschingsumzug 2020 in Deutschkreuz. Foto: privat

Titelbildfiguren: Nikola Znaor für das Dan Mladine 2016 in Stinatz/Stinjaki


Quellen

Butler, Judith. 2006. Haß spricht. Zur Politik des Performativen. Frankfurt: Suhrkamp Verlag.

Czeike, Felix. 1994. Historisches Lexikon Wien. Band 3. Wien: Kremayr & Scheriau.

Ferscak, Michaela. 2010. Urbanisierung einer Volksgruppe. Die Arbeitsmigration Burgenländischer Kroaten nach Wien 1870–1945. Diplomarbeit. Universität Wien.

Tyran, Klara Katharina. 2015. Identitäre Verortungen entlang der Grenze. Verhandlungen von Sprache und Zugehörigkeit bei den Burgenländischen Kroaten. Leipzig: SLCCEE.

Seršić, Josip. 2013. Kroatisches Wien. Hrvatski Beč. Wien: Carl Gerhold’s Sohn.



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